EuGH: Griechenland missachtet die europäische Richtlinie, bzgl. der Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Arbeitsstunden pro Woche für Klinikärzte
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 23.12.2015, C-180/14 (Pressemitteilung)
Die Europäische Union gibt ihren Mitgliedstaaten bestimmte Mindeststandards bei der Gestaltung ihres Arbeitszeitrechts vor (Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie)).
Teil der Richtlinie ist eine wöchentliche durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Die Arbeeitszeit der Arbeitnehmer darf die Höchstgrenze von durchschnittlich 48 Stunden einschließlich abzuleistender Überstunden pro Sieben-Tages-Zeitraum nicht überschreiten.
Gemäß EuGH zählen auch Bereitschaftsdienste vollständig bzw. nicht etwa nur im Umfang der effektiv geleisteten Arbeit ("Heranziehungszeit") als Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie (SIMAP-Urteil vom 03.10.2000 (C-303/98)). Nach diesem Urteil mussten die meisten EU-Staaten ihr Arbeitszeitrecht nachbessern und den Krankenhäusern entsprechende Arbeitszeitvorgaben machen. In Deutschland schlug sich diese Änderung in der Reform des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) vom 01.01.2014 nieder.
Nach Art. 3 der Arbeitszeitrichtlinie müssen die Mitgliedstaaten pro 24-Stunden-Zeitraum eine Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden vorsehen. Außerdem muss den Arbeitnehmern gem. Art.5 der Arbeitszeitrichtlinie wöchentlich bzw. pro Siebentageszeitraum eine Mindestruhezeit von 24 Stunden gewähren.
Eine vollständige Umsetzung dieser Regelungen für angestellte Krankenhausärzte gibt es in Griechenland offenbar noch nicht.
Aufgrund überlanger Arbeitszeiten ihrer Kolleginnen und Kollegen in öffentlichen Krankenhäusern hatten zehn Verbände griechischer Ärzte Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht. Die griechischen Ärzteverbände behaupteten, die angestellten und/oder in der Ausbildung befindlichen griechischen Ärzte seien nach dem nationalen Recht gezwungen, durchschnittlich 60 bis 93 Stunden pro Woche zu arbeiten.
Krankenhausärzte sollen nach griechischen Arbeitszeitvorschriften verpflichtet sein, regelmäßig bis zu 32 Stunden ohne Unterbrechung zu arbeiten, ohne dass ihnen tägliche oder wöchentliche Ruhezeiten gewährt würden.
Die EU-Kommission erhob angesichts dieser Beschwerden beim EuGH Klage wegen einer Vertragsverletzung durch Griechenland. Laut Kommission hat Griechenland keine effektive Begrenzung der Wochenarbeitszeit auf höchstens 48 Stunden eingeführt und auch die europarechtlichen Vorgaben zu den täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten nicht ausreichend umgesetzt.
Der EuGH stellte fest, dass die griechischen Arbeitszeitregelungen in mehrfacher Hinsicht gegen die Arbeitszeitrichtlinie verstoßen und gab der Klage statt. Sie gewährleisten weder eine Wochenhöchstarbeitszeit von 48 Stunden noch hinreichende Ruhezeiten.
Das griechische Arbeitszeitrecht sieht zwar formale Höchstgrenzen für die Wochenarbeitszeit vor, ordnet aber zugleich an, dass angestellte Krankenhausärzte zusätzliche Bereitschaftsdienste ableisten müssen. Diese Dienste fallen mehrfach pro Monat an und kommen zu den 35 regulären Arbeitsstunden pro Woche hinzu. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden wird dadurch überschritten.
Es kann nach den griechischen Arbeitszeitregelungen zudem vorkommen, dass Krankenhausärzte über 24 Stunden hinaus in Folge und sogar bis zu 32 Stunden arbeiten müssen. Das griechische Recht sieht in einem solchen Fall zwar Ruhezeiten vor. Nach Ansicht des EuGH gleichen diese die Belastungen durch die Dienste jedoch nicht aus, da sie keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der verlängerten Arbeitszeit aufweisen.
Fazit: Griechenland sollte seine Arbeitszeitregelungen auch im Bereich des ärztlichen Dienstes in Krankenhäusern endlich der Arbeitszeitrichtlinie anpassen. Andernfalls kann die Kommission erneut klagen und finanzielle Strafen gegen Griechenland verhängen lassen.
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Letzte Überarbeitung: 8. Februar 2017
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